Letzte Instanz „Liebe im Krieg“ / VÖ 12.07.2016
Auch wenn man eher darum bemüht war, den Abschied von Gitarrist und
Gründungsmitglied Holly D. möglichst ohne viel Aufsehen über die Bühne zu
bringen, so scheint der Dresdner doch auch intern so wichtig für die Instanz
gewesen zu sein, wie man es von außen vermutet hatte. Zumindest konnte man
diesen Eindruck gewinnen, wenn man das letzte Album „Im Auge des Sturms“ mit
seinen Vorgängern verglich. Schlecht war die Scheibe sicherlich nicht, aber die
sonst obligatorische Begeisterung hatte angesichts zu vieler (teils
misslungener) Experimente doch irgendwie gelitten.
Dahingehend kann man bei „Liebe im Krieg“ schon mal aufatmen: Die Letzte Instanz
hat hier nämlich wieder für eine wohltuende Stimmigkeit gesorgt. Und zu
behaupten, man wäre angesichts des letzten Langspielers besorgt um die Zukunft
der Jungs, wäre natürlich hemmungslos übertrieben. Nach ihrer beeindruckenden
Dichte an großartigen Scheiben muss man ihnen eben auch mal einen kleinen Hänger
zugestehen, wobei festgehalten werden muss, dass wir hier immer noch von einigen
ziemlich starken Songs sprechen und nicht von einem Rohrkrepierer. „Liebe im
Krieg“ verfügt dennoch über mehr Zug, mehr Nachdruck und letztlich auch über
mehr Ohrwürmer. Dabei muss man nur das Cover und den Albumtitel gesehen haben,
um zu erkennen, dass das Pathos einer der größten Freunde (und Trümpfe) der Band
bleibt. Sänger Holly Loose mag es eben emotional, wenn dann noch die
ausgezeichneten Streicher dazu kommen und der filigrane Rest des Gespanns den
Breitband-Sound komplettiert, dann liegt es durchaus nahe, dass man schon eine
gewisse Vorliebe für Tiefsinn mitbringen darf, um dieser Truppe zu verfallen.
Gerade dann, wenn sie so dermaßen geschmeidig und warm aufspielt wie im
vorliegenden Fall. Allein „Wir sind eins“, das einen mit einer tollen
Piano-Linie und überragend arrangiertem Bombast bei der Hand nimmt, treibt einem
das Pipi in die Augen und eine Gänsehaut auf die Arme. Ähnlich schnell bleiben
„Blutmond“, „Reise“ und „Liebe im Krieg“ im Ohr, wobei überwiegend moderat
gerockt wird, was nicht als Vorwurf oder abwertend gemeint ist, denn eine
metallische Breitseite wäre gänzlich fehl am Platz auf diesem Album. Daher muss
man sich als Fan, der es gerne auch mal etwas deftiger mag, mit dem nach vorne
preschenden „Tränen aus Stein“ und dem tiefer gestimmten „Das Gerücht“ begnügen.
Die markantesten Eckpunkte sind dennoch emotionaler Natur, darunter der
träumerische, nachdenkliche Abschiedsseufzer „Weite Welt“.
Natürlich geht es hier bisweilen mit immensem Pathos zur Sache, dem einen oder
andere wird diese Scheibe auch einfach zu kitschig sein, was nachvollziehbar
ist. Und dennoch ist „Liebe im Krieg“ auf seine Weise genau das richtige Album
für die Zeit in der wir aktuell leben. Nicht weil die Letzte Instanz in den
klagenden Schwarzmalertenor einstimmt, der einem dieser Tage nicht nur medial
von allein Seiten die Lebensfreude zu verhageln versucht. Sondern weil diese
Scheibe auf ihre Weise eine flammende Ansprache für Hoffnung und gegen
Resignation darstellt und dabei sogar „Leuchtturm-Potential“ aufweist. Es ist
nicht immer alles Scheiße, nur weil man es von allen Seiten eingeredet bekommt.
Schon gar nicht dieses Album, mit dem die Brachialromantiker zu alter Stärke
zurückgefunden haben. Kitsch kann so schön sein…
Markus Rutten - www.sounds2move.de