Evergrey „The Storm Within“ / VÖ 09.09.2016



Läuft bei euch! Vor zwei Jahren haben Evergrey mit „Hymns for the Broken“ mal eben ihr bestes Album seit „The inner Circle“ veröffentlicht, die darauf folgende Tour war ebenfalls durchaus erfolgreich. Doch anstatt sich auf den Lorbeeren auszuruhen, haben Tom Englund und seine Mitstreiter ihre kreative Hochphase genutzt, um mit „The Storm Within“ direkt zum nächsten Schlag auszuholen. Überhastet? Mitnichten.

So klingt der neue Output zwar durchaus etwas anders als der Vorgänger, man schlägt insgesamt eine etwas düsterere Richtung ein, aber dennoch hat man es zu jeder Sekunde unverkennbar mit Evergrey zu tun. Deren Stärken sind seit jeher furiose Gitarrenläufe (wie im das Tempo durchgängig hoch haltenden „My allied Ocean“ oder dem nicht minder herausragenden „Passing through“), ein herausragendes Händchen fürs Dramatische und natürlich die eindringliche Stimme von Tom Englund, die man zweifelsfrei zum besten zählen muss, was der Metal aktuell zu bieten hat. Und weil das Goldkehlchen scheinbar obligatorisch ist im Hause Englund, hat man sich einmal mehr auch die Dienste von Frau Englund gesichert, die mit ihrem Gatten im Duett „The Paradox of the Flame“ präsentiert. Womit wir direkt bei einer anderen Paradedisziplin der Schweden wären, nämlich eindringliche, hoch emotionale Balladen, die in diesem Fall mit einem Gänsehaut-Solo, einem verträumten Piano und einer traurigen Violine für eines der großen Highlights dieser Platte sorgen. Selbstverständlich kann man nie genug tolle Stimmen auf einem Album haben, weshalb auf „In Orbid“ direkt auch noch die niederländische Powerfrau Floor Jansen (Nightwish, Revamp, Ex-After Forever) einen kleinen Einblick in ihr Können gewährt. Was kann da noch kommen? Zum Beispiel das finale Epos „The Storm within“ mit seiner proggigen Weite oder die augenblicklich hängen bleibende Midtempo-Großtat „Distance“ zu der Evergrey - da lege ich mich jetzt einfach schon mal fest - das optisch beeindruckendste Video des Jahres vorgelegt haben.

Um ehrlich zu sein hatte ich ein paar Bedenken, ob die Schweden das Niveau des Vorgängers würden halten können, wobei ich auch mit etwas weniger zufrieden gewesen wäre. Aber Pustekuchen: Auch „The Storm Within“ ist großes Gefühlskino, perfekt ausgewogen zwischen Eingängigkeit und Anspruch angesiedelt und macht es dem Zuhörer nie zu schwer oder zu einfach, sondern lässt das Hörvergnügen schlicht und ergreifend mit jedem Durchlauf weiter wachsen. Geben Evergrey überhaupt irgendwo Anlass zu meckern? Falls ja mag es mir bisher nicht aufgefallen sein. Das mag daran liegen, dass dieses Album (mal wieder) punktgenau und verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk meinen Geschmack getroffen hat, denn wenn schon Prog, dann bitte schön mit Herz, Verstand und emotionalem Tiefgang. Genau das liefert man hier in Reinkultur.

Markus Rutten - www.sounds2move.de